Mit
der Bewerbung um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2010 wolle man etwas
auf den Weg bringen, was auch hernach Bestand habe. So lautete am Freitagabend
das Schlusswort der resoluten Bamberger Museumsdirektorin Dr. Regina Hanemann.
Lets talk about ... culture in progress nannte
sich das Diskussionsforum, in dem das Bamberger Kulturleben und die anstehende
Bewerbung beleuchtet wurden. Auch Bürger kamen zu Wort.
Rosa Brunner und Judith Siedersberger hatten in die Villa Dessauer vor
ihren wahrlich opulenten Reisealtar gebeten, der als Teil der Ausstellung
Wohnen zu Hausen noch bis Ende des Monats zu sehen ist. Und
zu hören denn in gedämpftem Mezzoforte erklingt, wie
am Freitag auch, eine Litanei.
Bei allem Klagegesang konnten Politiker und Kulturbeauftragte aber auch
auf Positives verweisen. Anregungen kamen zudem von Marianne Pitzen, die
als leicht schräger, dabei schillernder Vogel der internationalen
Kunstszene vom Rhein (sie ist Direktorin des Frauenmuseums Bonn) an die
Regnitz gekommen war.
Gleich in der Vorstellungsrunde wurden die Teilnehmer von den abwechselnd
moderierenden Künstlerinnen Siedersberger und Brunner kritisch befragt.
Bundestagsmitglied Ursula Sowa (Bündnis90/Die Grünen), die auch
in der Kulturenquete-Kommission sitzt, erklärte, dass dieses Gremium
durchaus praxisnahe Empfehlungen abgeben werde, wie die schlechte Situation
von Kulturschaffenden zu verbessern sei. Museumsdirektorin Hanemann hofft,
die Haushaltskürzungen und die Bewerbung würden sich vertragen,
warnte aber vor dem Beispiel Weimar: In der Kulturhauptstadt 1999 würden
nun winters Museen geschlossen.
Um Kultur von unten zu tun ist es der GAL-Fraktionsvorsitzenden,
Petra Friedrich, um Kultur, die noch nicht anerkannt und gefördert
wird. Kinderkultur also, wie sie Chapeau Claque bietet, aber
auch Kultur auf der Straße, am Gabelmann und im Sand. Als Fachfrau
für Förderung und Sponsoring war Dr. Steffi Widera von der Firma
Bilog dabei, die etwa Bamberg zaubert unterstützt. Von
der Bewerbung (und möglichen Wahl) Bambergs verspreche sie sich,
dass Geschäftskunden in Berlin nicht mehr fragten: Warum sitzt
ihr in Oberfranken?
Für Bamberg ist ein solcher Wettbewerb wie maßgeschneidert,
konstatierte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Andreas Starke. Er wünschte
der Stadt die Kraft, so etwas umzusetzen und erinnerte mit den Stichwörtern
Jugendkultur und Kulturfabrik an Defizite.
Genau da sah auch Kulturreferent Bürgermeister Werner Hipelius eklatante
Mängel. Weiter müsse sich die Verwaltung mehr als Dienstleister
für die Kulturschaffenden verstehen. Sponsoren seien vonnöten,
Visionen gefragt, die Rahmenbedingungen voranzubringen, damit sich Kultur
auch künftig entfalten könne.
Lebendig und kontrovers war die offene Diskussion, so kontrovers, dass
Dr. Birgit Dietz schließlich aus dem Publikum heraus ermahnte, nicht
ins Persönliche abzudriften und sich wieder der Sache der
Bewerbung als Kulturhauptstadt anzunehmen.
Bei den Leitbildern, ob Gärtner- oder Brauerstadt, seien die Künstler
bislang nicht vorgekommen, wurde bemängelt. Brunner und Siedersberger
wünschten ein Dauerdomizil für Wechselausstellungen. Jazz, Film
und Fotografie werden Werner Kohn zufolge in Bamberg nicht wahrgenommen:
Das hat nichts mit Geld zu tun, sonder mit der Bewusstseinslage.
Von einem gewissen lähmenden Geist sprachen auch andere.
Wir warten auf ihre Vorschläge, ermunterte Hipelius.
Die wurden gemacht. Bürger könnten ihre Innenhöfe öffnen,
der Gasbehälter bei den Stadtwerken solle zur bemalten Weltkugel
mutieren, über eine Kunstakademie oder Musikhochschule nachgedacht
werden. Fazit: Bamberg bewegt, jedenfalls die Gemüter,
wenn es um die Bewerbung zur Kulturhauptstadt geht.
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